Der Auftakt mit der einundzwanzigsten Friedrich Dürrenmatt Gastprofessorin, der österreichischen Autorin Marlene Streeruwitz.
Anhand ausgewählter Lieblingsstellen aus ihrem Werk fragt Marlene Streeruwitz, wie eine literarische Rettung, eine Rettung in die Literatur möglich ist. Auf die Lesung soll gerne ein Austausch folgen.
Es war Literatur, die mich lehrte, was das war, in dem ich lebte. Im phantastischen Entkommen einer dem kleinen Mädchen gegenüber interesselosen Welt. Das kleine Mädchen hatte ältere Brüder, die erzogen wurden. Das kleine Mädchen war in strenger katholischer Tradition schon als Ausgeheiratete angesehen. Kaum ausgebildet. Nicht zum Denken angeregt. Und. Wir wurden zur Selbstausbeutung im Kosmos der Pflege erzogen. Am Ende. Ich war zur perfekten Hausfrau gemacht worden. Ich aber. Ich aber. Ich trug die Welt in den Büchern mit mir herum und wußte es anders. Ich bin an der Weltliteratur sozialisiert, weil meine Welt eine Sozialisierung von mir gar nicht vorhatte. Meine Rettung ins Phantastische war das. Meine Rettung in die Möglichkeiten der Literatur. Was Freiheit sein könnte. Was Liebe. Was eine Tragödie ist. In der stummsteifen Welt der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts als kleines Mädchen war das wohl der einzige Ausweg. Und. Auf diesem Weg zu bleiben, hat sich dann in den eigenen Lebenstragödien wieder als der rechte Weg hinaus erwiesen.
– Marlene Streeruwitz